Star Trek - 25th Anniversary


von Chancell
12.01.2004

Die Premiere der aller ersten Star Trek TV-Episode (in Deutschland unter dem Namen "Raumschiff Enterprise" ausgestrahlt) sollte sich im Jahre 1991 zum nunmehr fünfundzwanzigsten Mal jähren. Unter der starken finanziellen Hand des Publishers Konamis, welcher aus rechtlichen Gründen angesichts der von Nintendo ausgehängten Qualitätskontrolle und der Publisher/Spiele-Limitierung Star Trek: 25th Anniversary in den USA unter dem Namen "ULTRA" vertreiben musste, wurden so Anfang der 90er verschiedene spielerisch sich vollkommen unterscheidende Spiele in Auftrag gegeben. Daher bestehen abgesehen von dem Spieltitel keinerlei inhaltliche Verbindungen zwischen Game Boy, PC- und der hier vorliegenden NES-Variante des Spiels.

Angesiedelt ist die Story als "Best Of"-Crossover durch die Landschaft der 79 TV-Folgen der beliebten Original-Serie der wohl langlebigsten Science-Fiction-Serie unserer Zeit. Beginnend mit der Untersuchung einer Instabilität im Raum/Zeit-Kontinuum, welche sich in schwankenden Gravitations- sowie Magnetfeld-Anomalien äußert, wird die U.S.S. Enterprise NCC-1701 langsam aber stetig in ein schwarzes Loch gesogen. Trotz maximalen Umkehrschubs, der zur Lasten sämtlicher, für die Energieversorgung an Bord verantwortlichen, Dilithiumkristalle geht, vermag das Sternenflottenschiff dem Bann des starken Gravitationsfelds nicht zu entkommen. Wie durch Geisterhand findet man sich nach einiger Zeit in einem von der Förderation bis dato nicht erforschten Raumsektor wieder - und hier beginnt das eigentliche Spiel. Eingerahmt in einen schön inszenierten, dem Stil der Fernsehserie gerechten Vorspann wird der Spieler langsam in die Geschichte eingeleitet, welche als spielerischen Zielpunkt selbstverständlich den Ersatz des sich zuvor entkristallisierenden Dilithiums fordert.

Ähnlich dem TV-Vorbild repräsentiert die alles bestimmende Brücke der Enterprise den spielerischen Kern sowie den für die Handlung notwendigen Ausgangspunkt von Star Trek: 25th Anniversary. In der Rolle von Captain James Tiberius Kirk hat der geneigte Spieler die Möglichkeit, aus einer Ego-Perspektive die gesamte Brückencrew in Betracht zu ziehen. Aktuelle Systeminformationen bezüglich momentaner Geschwindigkeit, planetarer Infrastruktur oder des Dilithiumhaushaltes lassen sich zudem über die entsprechenden Charaktere abrufen. Veteranen werden hier Parallelen zu den nachfolgenden Softwareumsetzungen bezüglich des Gene-Roddenberry-Universums feststellen: Die Kontrolle über die Brücke in dieser Form ist bis zum heutigen PC-"Bridge Commander" ein wichtiges Element in einer großen Zahl der Star Trek Spiele geblieben. Auskunft geben an dieser Stelle die Crew bestehend aus dem markanten (halb-)vulkanischen ersten Offizier Mr. Spock, welcher für den Wissenschaftsbereich, sprich planetare Struktur, interstellare Phänomene und extraterrestrische Lebensformen zuständig ist. Hinzu kommt die Kommunikationsspezialistin Uhura sowie die für die Schiffsnavigation verantwortlichen Steuermänner Pavel Chekov und Hikaru Sulu. Chefingenieur Montgomery Scott alias Scotty kümmert sich für gewöhnlich um die Schiffstechnik und gibt stets Auskunft über den momentanen Status der Dilithiumkristalle an Bord. Abgerundet wird die Crew durch einen langjährigen Freund des Captains: Dr. McCoy alias "Pille", welcher sich allerdings nur indirekt über den Schiffskommunikator in der medizinischen Abteilung als erreichbar erweist.

Jeder dieser Persönlichkeiten weiß sich zudem durch einige markante, den Science Fiction Fans nicht unbekannten, Charaktereigenschaften in Erinnerung zu bringen. Die Wichtigsten kurz aufgeführt: Kirks Schwäche für weibliche Schönheiten, egal welcher stellarer Herkunft sowie die vermittelnde Funktion zwischen seinen besten Freunden, dem logisch rational denkenden Mr. Spock und den von Leidenschaft erfüllten Mediziner McCoy. Dieses amüsante, aber auf ihre Art funktionierendes Triumvirat wurde hervorragend getroffen und von Entwickler Interplay gekonnt in die Suche nach Dilithium integriert. Spezielle Mühe wurde wohl aufgewendet, um die Charakterzeichnung sowohl in grafischer Hinsicht als auch den Dialogen möglichst nah am Original anzulegen. Besonders die großgezeichneten Figurengrafiken auf der Brücke oder die grafisch aufwändige Turboliftfahrt zum Transporterraum bei einer anstehenden Außenmission, die stets mit einem zum Schmunzeln einladenden Kommentar seitens Kirk oder Spock begleitet wird, spiegelt die Detailverliebtheit der Entwickler wieder. Spielerisch erhält jene (wegschaltbare) Abfahrt mit dem Lift in Richtung Transportraum eine große Bedeutung: Star Tre: 25th Anniversary lässt sich am ehesten als ein "Pirates!" im Weltall beschreiben. Der Spieler erhält die Möglichkeit, sofern er bereits einige Dilithiumkristalle sein eigen nennt, Landgänge auf verschiedenen Planeten auszutragen und dort entsprechende Untersuchungen zum Verbleib eventueller Kristalle anzustellen. Gebeamt werden vorwiegend der Spieler, sprich Kirk, sowie Pille und Spock, allerdings kann man vor der anstehenden Außenmission sein Landungsteam variieren bzw. ergänzen. Beispielsweise darf sich der Mediziner durch einen Akademiker, sei es ein Historiker, Biologe oder Geologe ersetzen lassen, sofern es die ortsgebundene Situation erfordert. Ebenfalls möglich - und hier wird der minimal gehaltene Action-Anteil des Spieles deutlich - ist eine bewaffnete Eskorte.

Reiseziele lassen sich individuell durch den Captain über die bordinterne Sternenkarte festlegen: Hier wird ein Kurs auf einen bestimmten Himmelskörper, sei es ein Mond, Planet oder Asteroid, virtuell abgesteckt und nach kurzer Rücksprache mit Steuermann Sulu darf der Spieler nun, sofern es die notwendigen Ressourcen an Dilithium erlauben, zu einem markanten "Energie!" übergehen. Interstellare Schwierigkeiten, etwa die Verletzung des romulanischen Raumterritoriums und die daraus resultierenden diplomatischen Verhandlungen enden meist in einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen den Raumschiffen: Per Fadenkreuz werden dann Phaser bzw. Photonentorpedos gezielt gen Richtung des romulanischen Raubvogels manövriert. Verhandlungen, welche im Grunde nur eine Bitte um Gnade bezüglich der Verletzung des feindlich gesinnten Raumsektors darstellen, laufen in vertrauter Manier über den großen Hauptschirm ab, auf welchem nicht immer schnaubende Romulaner animiert sind - Nach dem Scheitern bzw. der Beschädigung des eigenen Schiffes erläutert einem z.B. ein Sternenflottenadmiral die Anklage: Sachschaden an Föderationseigentum und einen Verweis vor das Kriegsgericht - Game Over.

Aufgrund des planetenbezogenen Passwortsystems, wobei jeder Orbit durch ein eigenes zwölfstelliges Passwort definiert wird, besitzt der Spieler allerdings im Nachhinein die Möglichkeit, seine Mission im fortgeschritteneren Stadium weiterzuführen. An dieser Stelle wird auch die spielerische Betonung auf das Denkvermögen des Spielers deutlich: Jeder interessant erscheinende Planet, sprich Planeten mit lebensfreundlicher Atmosphäre, Aussicht auf Dilithiumvorkommen oder gar Zivilisationen, welcher zuvor nach dem Trial & Error Prinzip in dem jeweiligen Raumsektor lokalisiert wurde, beherbergt einen an Spiele wie "Maniac Mansion" oder "Shadowgate" erinnernden Adventure-Part. Der obligatorische, über die zwei klassischen Intensitätsstufen "Betäubung" und "Töten" verfügende Phaser dient hier lediglich der in manchen Situationen notwendigen Selbstverteidigung. Vorsätzliches Töten eines Individuums wird mit einem kritischen Kommentar und Verweis auf die Sternenflottendirektive seitens Spock bedacht. Die Rätsel gestalten sich wesentlich einfacher strukturiert als in einem reinrassigen Adventure. Star Trek: 25th Anniversary verfügt lediglich über eine "Use Item"-Option, Gegenstände können also nicht einmal kombiniert werden. Aber zumindest auf Planetenoberflächen dürfen mithilfe des Tricorders Objekte, sofern sie von Interesse sind, auf ihre Zusammensetzung, Nutzung oder eventuelle Gefahrenfaktoren geprüft werden.

Die Rätselqualität glänzt nicht durch sonderliche Originalität, sie stellen aber dennoch grundsolide Kost dar. Vergleiche können hier zu "Shadowgate" gezogen werden. Außerdem ist der Schwierigkeitsgrad relativ niedrig angesiedelt: Für jede Aufgabe gibt es einen logisch nachvollziehbaren Hintergrund, welcher mittels des Tricorders in Erfahrung gebracht werden kann. Seinen Reiz bezieht der Adventure-Part hauptsächlich aus seinen zahlreichen Anspielungen und Integration mehrerer Locations der TV-Episoden rund um die Enterprise-Besatzung. Trekkies können sich auf ein amüsantes Wiedersehen mit Mudd, Gorn und einer den 20er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts nachempfundenen, durch das frühe Gangstermilieu Chicagos geprägte, Kleinstadtszenario freuen.

Leider wirken die optisch teilweise durchwachsenen, aber dennoch im überdurchschnittlichen Bereich der 8-Bit-Ära angesiedelten Umgebungsgrafiken sehr trist und auf die Dauer wiederholend. Ähnlich verhält es sich mit der Sounduntermalung: Abgesehen von einem gut portierten Thema der Fernsehserie ist die restliche Akustik des Moduls allenfalls guter Durchschnitt, manche seichte und simpel gestrickte Melodien erinnern an Fahrstuhlmusik. Im Großen und Ganzen ist die Technik aber dennoch mehr als akzeptabel, gerade die großgezeichneten Crewmitglieder auf der Brücke sprechen für sich. Die gelegentlichen Ruckler bei erhöhtem Aufkommen bewegter Objekte dürfte der NES-Freund als nicht wirklich störend empfinden. Insgesamt darf man also Interplay ein Lob für das Spiel aussprechen: Sie haben den Geist der Vorlage getroffen und diese technisch überdurchschnittlich, mit einem Augenzwinkern versehen umgesetzt. Was man von Konami Deutschland übrigens nicht behaupten kann: Die in Frankfurt ansässigen, für die Übersetzung des US-Moduls in die heimische Sprache verantwortlichen Mitarbeiter haben sowohl in rechtschreiblicher als auch grammatikalischer Sicht im wahrsten Sinne glatt Schiffbruch erlitten. Derart verhunzte Übersetzungen (z.B. "Romulans") oder Defizite im Bereich Deutsch (z.B. "Shiffe") ist einem seit den Schwulitäten in der "Powerblade"-Spielanleitung nicht mehr untergekommen ;)


Wertung


7/10

Kommentare



Chancell
Gerade als langjähriger Verehrer der klassischen Space-Crew rund um Kirk, Pille und Spock war es eigentlich nur eine Frage der Zeit mir dieses, für "Lizenz-Umsetzungs-Verhältnisse" gesehene, Wonnemodul an Land zu ziehen. Viele versteckte Anspielungen deuten im Hause Interplay auf die Kenntnisse der Fernsehserie hin, was im Grunde jedem waschechten Trekkie zugute kommt. Sicherlich stellt 25th Anniversary neben der hauseigenen "Next Generations"-Konkurrenz mit die einzige Wahl für alle Sternenflottenkommandanten dar. Adventurefreunde mit Science-Fiction-Phobie greifen lieber zu "Shadowgate" oder "Maniac Mansion", allen anderen, sofern sie ein Multinorm-NES-Gerät ihr eigen nennen, sind auf die wesentlich bessere US-Version verwiesen. In diesem Sinne: Engage!