Micro Machines


von Seppatoni
30.07.2006

In den späten 80er Jahren veröffentlichte Galoob (mittlerweile ein Teil von Hasbro) eine echte Neuheit auf dem Spielzeugmarkt: Die Micro Machines. Die Spielzeugautos waren im Vergleich zu den bis dahin erhältlichen Produkten (u.a. von Matchbox) nochmals ein ganzen Stück kleiner – lediglich 4 cm beträgt die Durchschnittsgröße der Autos, Hubschrauber oder auch Lastwagen umfassenden Vehikelsammlung. Der britische Videospielehersteller Codemasters nahm sich dem Thema an und entwickelte 1991 ein Rennspiel rund um die Minifahrzeuge.

Zu Beginn des Spieles dürft ihr euch einen von insgesamt 11 verschiedenen "Fahrern" aussuchen, auch eure 3 Kontrahenten, gesteuert vom Computer, dürft ihr auf diese Weise bestimmen. Aus spielerisches Sicht gibt es zwischen den Charakteren keine Unterschiede, als Computergegner werden hingegen einige Charaktere wie beispielsweise der dickliche Walter schwächer eingestuft als etwa der rasante Spidey.

Nach der Selektion der Fahrzeuglenker geht es ab auf die Piste. Wer hier jedoch asphaltierte Rennbahnen erwartet, der liegt komplett daneben. Als Rennstrecken dienen häusliche Ortschaften wie ein voll besetzter Frühstückstisch, ein Billardtisch oder sogar eine gefüllte Badewanne. Die Strecke wird dabei von verschiedenen Gegenständen markiert. Auf der Werkbank kennzeichnet eine staubige Kreidenspur euren Weg, beim Morgenessen werden ihr dank Cornflakes auf den richtigen durchgelotst und im Garten sorgen Blumentöpfe dafür, dass ihr dem richtigen Weg folgt. Zwar könnt ihr die markierte Strecke jederzeit verlassen, wer aber versucht, dadurch einige Abkürzungen zu erschummeln, wird mit einer Zurückversetzung bestraft.

Auf den Rennpisten warten zudem allerhand Hindernisse auf euch. Auf dem Büropult beispielsweise kurvt ihr um Hefte, gefüllt mit Strafaufgaben, nutzt einen Ordner als Sprungschatze auf einen anderen Tisch oder zweckentfremdet ein Lineal als Brücke, auf dem Bett schlängelt ihr euch durch ein unvollendetes Dame-Spiel und auf dem Billardtisch saust ihr um entsprechende Kugeln, nutzt Spielkarten als Brücken und versenkt eure Fahrzeuge in den 6 Löchern. Hinzu kommen klebrige Massen wie Orangensaft beim Frühstück oder Leim auf der Werkbank, welche euer Auto verlangsamen, während beispielsweise Milch euch ins Rutschen kommen lässt.

Je nach Austragungsort des Rennens greift ihr auf ein anderes Fahrzeug zurück, welche im Verlauf des Spiels in einem Setzkasten gesammelt werden. In der Badewanne darf mit Booten über den Schaum gedriftet werden, schwerfällige Warriors nutzt ihr auf der Werkbank und im Garten zwischen den Blumentöpfen dürft ihr gar mit Hubschraubern antreten. Den Höhepunkt bilden jedoch die Rennen auf dem Bett, welche mit Panzern ausgetragen werden und auf Knopfdruck Geschosse auf Gegner abfeuern lassen.

Während des Rennens darf gnadenlos geschoben, geschubst und gestoßen werden. Dabei kommt es vor, dass mal ein Fahrzeug vom Tisch fällt oder in die Luft geht - in diesem Falle vergehen wertvolle Sekunden, bis euer Vehikel wieder einsatzbereit auf der Piste steht. Passiert euch das in den 3 Runden, die pro Rennen ausgetragen werden, zu oft, so werdet ihr kaum Chancen auf den Sieg haben. Ziel in jedem Rennen ist es, auf den ersten oder zweiten Platz zu fahren und so die Qualifikation für die nächste Runde zu schaffen. Landet ihr auf Platz 3 oder 4, müsst ihr das Rennen wiederholen und dabei eines der zu Beginn 3 Continues einsetzen. Sind diese aufgebraucht, heißt es unweigerlich Game Over. Jedoch habt ihr alle paar Rennen in einem Bonusspiel die Chance, ein zusätzliches Continue zu ergattern. Ihr müsst dabei einen Micro-Monster Truck innerhalb eines knappen Zeitlimits durch einen mit Pfützen und Unkraut übersäten Garten lenken.

Zusätzlich zum knapp 20 Rennen umfassenden Einspieler-Modus, spendierte Codemasterst auch einen VS-Modus für zwei Spieler. Ziel hier ist es jedoch nicht, das Rennen vor eurem Kontrahenten zu gewinnen, sondern lediglich, ihn aus dem Bildschirm zu verdrängen. Ist dies geschafft, gibt es einen Punkt. Mit 4 errungenen Zählern ist man Sieger des Duells.

Grafisch macht das Spiel durchwegs einen positiven Eindruck. Die Rennstrecken und ihre Umgebungen sind fantasievoll und teils äußerst detailliert in Szene gesetzt worden und auch die Zwischenbilder machen eine gute Figur. Als akustische Begleitung erklingen während den Rennen lediglich die Motorengeräusche der Fahrzeuge, die Menü-Musik dudelt mehr oder weniger unauffällig im Hintergrund.

Die Steuerung der kleinen Vehikel wurde sehr einfach gehalten. Mit A gibt man Gas, mit B bremst man und schaltet bei einem stehenden Auto den Rückwärtsgang ein, die Richtung wird mit links und rechts angegeben. Damit lenken sich die Micro Machines sehr präzise und natürlich abhängig von den Eigenschaften eines jeden Fahrzeugs. Leider haben sich die Programmierer bei der Kollisionsabfrage gewisser Hindernisse nicht auch so viel Mühe gegeben, so kann es vorkommen, dass ihr euch schon mal in einem Gegenstand verhakt und wertvolle Zeit verbraucht, bis ihr endlich davon loskommt.

Der Umfang mit rund 20 Rennen ist vorbildlich und hält den Spieler lange bei der Stange, insbesondere deshalb, da die Strecken nacheinander befahren werden müssen und nicht ausgewählt werden können. Der Schwierigkeitsgrad steigt während des Spiels konstant an und wird euch gegen Ende enorm fordern, überschreitet dabei aber vor allem in den Panzer-Stages leider öfters die Grenze zum Unfairen. Bleibt noch der Multiplayermodus, welcher einen durchwachsenen Eindruck hinterlässt. Zwar ist das Punktesystem etwas neuartiges, vermittelt aber niemals den selben Spaß wie ein "echtes" Rennen – hier wurde leider sehr viel vorhandenes Potenzial verspielt, möglicherweise auch aufgrund technisch begrenzter Möglichkeiten.

Trotz alledem bleibt Micro Machines für Einzelspieler ein extrem spaßiges Rennspiel mit einer witzigen Thematik, zahlreichen, fantasievollen Strecken und vielen unterschiedlichen Fahrzeugen. Anfänger wie Profis werden ihren Spaß mit dem Modul haben und bis man alle Strecken gesehen hat, vergeht zudem eine Menge Zeit. Für NES-Besitzer mit Rennspiel-Faible ist der Titel Pflicht, aber auch allen anderen Zockern sei der Titel wärmstens empfohlen.

Jedoch sei noch hinzugefügt, dass der Titel nicht von Nintendo lizenziert wurde. Aus diesem Grund existiert Micros Machines auch nicht als normales NES-Modul. In den USA erschien das Spiel in einer goldenen Cardridge, in Europa als schwarzes Modul und als Plug Thru-Spiel. In dieser Version ist das Spiel in einer Cardridge, wie sie auch das Game Genie besitzt, erschienen und wird mit einem anderen aufgesteckten Modul in den Konsolenschacht geschoben.


Wertung


8/10

Kommentare



Seppatoni
Als ich in verschiedenen Magazinen gesehen habe, wie das Spiel Topwertungen abstaubte, wollte ich mir das Spiel unbedingt holen. Nur stand damals nirgends geschrieben, dass das Spiel nicht lizenziert ist und hierzulande nur schwer erhältlich war. Jedoch erspähte ich den Titel in einem Schaufenster bei einem Ausflug nach Rorschach – nur leider war das Ganze an einem Sonntag. :( Erst viele Jahre später ergatterte ich eine US-Version von Micro Machines, allerdings war die noch originalverschweißt - und ist es natürlich auch heute noch. ;) Nochmals etwas später fand und holte ich mir die Plug Thru-Version des Titels und konnte nun endlich mit den Miniflitzern um die genialen Kurse fetzen. Die lange Wartezeit hat sich auf jeden Fall gelohnt. ;)