Battletoads


von Seppatoni
20.03.2016

Zu Beginn er 1990er-Jahre waren die Teenage Mutant Hero Turtles überall präsent: Im TV, in Comicläden, in den Spielzeugregalen oder auch im Modulschacht der Videospielkonsolen. Doch es drohte Konkurrenz aus England. Die britische Spieleschmiede RARE erschuf ihre eigene Antwort auf die Kampfschildkröten: Die Battletoads! Eine Formation aus drei prügelfreudigen Kröten, welche nach Hautkrankheiten benannt wurden, und sich im Laufe der Zeit nicht nur in verschiedensten Videospielen auf allen möglichen Systemen prügelten, sondern in Comic-Form auftauchen, als Action-Figuren veröffentlicht wurden oder auch eine eigene Cartoon-Serie spendiert bekamen. Ihren Einstand feierte die Truppe allerdings mit dem gleichnamigen Spiel auf dem NES.

Die drei Battletoads Rash, Zitz und Pimple begleiteten in ihrem Raumschiff Vulture zusammen mit Professor T. Bird gerade Prinzessin Angelica zurück zu ihrem Heimplaneten, als Angelica und Pimple gerade die Idee hatten, eine Spritztour in dessen fliegendem Auto zu unternehmen. Dabei wurden sie vom Raumschiff der Dark Queen erwischt und kurzerhand auf den nahegelegenen Planeten Ragnorak verschleppt. Professor T. Bird begleitete die beiden verbliebenen Crew-Mitglieder zum Oberfläche Ragnoraks, wo sie den Entführungsopfern zur Hilfe schreiten.

Sogleich kriegt ihr es mit den Schergen der Dark Queen zu tun. Doch mit ein paar gezielten Tritten und Ohrfeigen eurerseits sind diese schnell bewältigt. Gelegentliche Überreste von Gegnern können dabei als Waffe wiederverwertet werden. Doch wer jetzt denkt, dass sich die Battletoads einfach mal gemütlich durch die 13 Levels prügeln, der irrt sich. Selten bot ein NES-Spiel derart vielfältige Aufgaben. Nach dem prügellastigen Einstieg dürft ihr euch erstmal an einem Seil hängend eine Höhle hinabgleiten, spätere Abschnitte führen euch in vereiste Höhlen, lassen euch auf Schlangen reiten, nötigen euch zu Taucheinlagen und hetzen euch durch vertikale Levels, um Bomben rechtzeitig zu entschärfen.

Daneben gilt es auch den einen oder anderen heißen Ritt auf einem Vehikel hinzulegen. Neben der legendären Turbo Tunnel-Stage sind auch rasante Abschnitte auf Surfbrettern oder Jets – vor feuriger Kulisse – zu absolvieren. Die Krönung ist jedoch der Clinger Winger, welcher die Wände hoch- und an der Decke entlangflitzen lässt. Gewiefte Spieler können ausgesprochen gut versteckte Warps in einzelnen Welten entdecken bzw. durch gewisse Bedingungen freischalten und so die eine oder andere Welt überspringen.

In den verschiedenen Abschnitten kriegt ihr es je nach Umgebung auch immer wieder mit unterschiedlichen Gegnern zu tun. Die als Standardgegner fungierenden axtschwingenden Psyko Pigs dienen mehr als umherlaufende Sandsäcke, während verschiedene Ratten-Formen, diverse Roboter-Modelle oder mutierte Quietscheentchen schon eher echte Hindernisse darstellen. Je nach Abschnitt bekommt ihr es am Ende einer Stage auch mit einem Obermotz zu tun, die sich teils ebenso vielfältig wie das Leveldesign darstellen. Erwähnenswert ist hier bereits der erste Boss, der Tall Walker, aus dessen Perspektive ihr den Kampf mitverfolgt. Für mehr Freude bei den Kampfkröten sorgen verschiedene Bonus-Items. Neben Extraleben und Bonuspunkten finden sich auch hin und wieder Fliegen in den Levels, welche durch Verspeisen verlorene Energieeinheiten wieder auffrischen.

Grafisch wird dem Spieler dabei einiges geboten. Krönung sind hier vor allem die großartigen Animationen der Battletoads im Kampf gegen die Widersacher: Mal endet eine Schlag-Serie mit einer Riesen-Faust, ein andermal wird der Gegner mit einem riesigen Schuh ins Nirgendwo gekickt oder via Rambockattacke inkl. Hörnern durch die Gegend geschleudert. Der Humor kommt hier also keinesfalls zu kurz. Auch kleine Anspielungen auf Videospielklassiker wie beispielsweise Space Invaders gehören ebenfalls zum Programm. Die Musikuntermalung, komponiert von keinem geringeren als Dave Wise (insbesondere bekannt durch seinen Soundtrack zu Donkey Kong Country, SNES), fügt sich gut ins Geschehen ein und sorgt oft für Ohrwürmer, die euch selbst im Pause-Bildschirm verfolgen. Es sind aber auch einige eher unspektakuläre Tracks im Repertoire vorhanden.

An der Steuerung gibt es wenig auszusetzen. Das klassische Schema mit B als Action- und A als Jump-Button bewährt sich auch bei den Battletoads, mit dem Steuerkreuz navigiert ihr die Kröten und mit einem doppelten Anklicken lasst ihr sie Rennen. Durch Kombination der unterschiedlichen Fähigkeiten können Rash und Zitz auch verschiedene Spezialaktionen ausführen. Lediglich das Sprungverhalten und die Kollisionsabfrage bei den Landungen lassen manchmal etwas Präzision vermissen. In Sachen Umfang ist Battletoads mit 13 Abschnitten ordentlich bestückt und sorgen dank den unterschiedlichen Aufmachungen für enorme Abwechslung. Bis ihr sie alle gesehen habt, wird einige Zeit vergehen. Oder anders gesagt: Ob ihr überhaupt alle zu Gesicht bekommen werdet, ist hier wohl eher die Frage. Denn für eines ist Battletoads berühmt und berüchtigt: Für den brutalen Schwierigkeitsgrad!

Beginnt das Spiel mit den ersten beiden Levels noch eher harmlos, so wird bereits der Turbo Tunnel in Stage 3 mit schnell wechselnden Spuren und Sprüngen recht knifflig. Die gnadenlose Schlangenhüpferei oder die Unterwasserabschnitte verzeihen ebenfalls keine Fehler. Die Jagd nach der bombenzündenden Ratte im vertikal nach unten scrollenden Abschnitt bringt selbst den geübtesten Zocker schier zur Verzweiflung. Wer die Abschnitte nicht in- und auswendig kennt, hat keine Chance. Der gnadenlose Gipfel ist jedoch der Clinger Winger-Level. Verfolgt von einem Orb gilt es den Parcours in einer Präzision zu meistern, die schon als pervers bezeichnet werden kann. Wer in den unzähligen Richtungswechseln der Piste nicht im richtigen Sekundenbruchteil, oder eher im richtigen Frame, diese auch auf dem Steuerkreuz wiedergibt, ist dem Tod geweiht.

Und sollte das noch nicht genug sein, so darf man sich am 2-Spieler-Modus versuchen, in welchem die beiden Spieler simultan antreten. Während in normalen (Prügel-)Spielen der Schwierigkeitsgrad so eher sinkt, ist bei den Battletoads das pure Gegenteil der Fall. Ihr könnt euch gegenseitig Treffer verpassen oder Abgründe hinunterschubsen. Ganz fies wird es in späteren Abschnitten mit Beteiligung von Transportmitteln. Macht Spieler 1 einen Fehler, wird auch Spieler 2 gnadenlos bestraft. Meistert ihr die Abschnitte dennoch, so ist spätestens in Stage 11 Endstation. Hier sorgt ein Bug dafür, dass Spieler 2 seine Figur nicht mehr kontrollieren kann und so ein Leben nach dem anderen verliert. Ob das Nintendos Qualitätskontrolle nicht aufgefallen ist oder einfach niemand fähig war, so weit zu spielen? Ein leider bis heute ungeklärtes Mysterium.

Battletoads ist bis heute eine absolute Legende und Kulttitel in einem. Die grandiosen Ideen, gepaart mit der coolen Comic-Aufmachung und äußrst abwechslungsreichem Gameplay machen das Spiel zu einem herausragenden Titel in der NES-Spielebibliothek. Den Großteil seiner Popularität verdankt das Spiel aber wie erwähnt dem gnadenlosen Schwierigkeitsgrad, welcher zugleich die größte Schwäche des Titels ist. Denn dadurch verbaute man zahllosen Spielern den Zugang zu diesem Titel, sorgt für unnötigen Frust und unzählige Stunden, die für das Auswendiglernen im Trial und Error-Verfahren draufgehen. Wer sich aber tatsächlich durchbeißt, wird mit einem der coolsten Abenteuer der 8-Bit-Geschichte belohnt, das Abseits des Schwierigkeitsgrad nur wenige Schwachpunkte aufweist. Größter Flop ist hingegen der oben erwähnte 2-Spieler-Bug, der so niemals in einem fertigen Spiel vorkommen dürfte.

Freunde hartgesottener Action und absoluten Videospielprofis werden mit den Battletoads voll auf ihre Kosten kommen. Wer dennoch nicht auf die Kampfkröten verzichten möchte, der sollte nach der stark vereinfachten japanischen Version des Titels Ausschau halten oder die ebenso leichtere Mega Drive-Umsetzung dem knüppelharten NES-Original vorziehen.


Wertung


7/10

Kommentare



Seppatoni
Zum ersten Mal hatten die Battletoads dank eines Artikels zum SNES-Ableger in einem Videospielmagazin meine Aufmerksamkeit für sich gewonnen. Die NES-Version habe ich erst Jahre später kennengelernt und auch das eine oder andere Mal gezockt. Nach 3-4 Welten war jedoch meist Feierabend – dem Schwierigkeitsgrad sei Dank. Erst mit der „Save- und Replay“-Funktion der Xbox One Spielesammlung „RARE Replay“ kam ich in den vollen Genuss des Titels und dessen teils abgefahrenen Ideen. Und trotz der technischen Hilfsmittel war der Frust steter Begleiter, welcher im „Clinger Winger“-Abschnitt seinen Höhepunkt fand. Nach mehreren Monaten und unzähligen erfolglosen Anläufen schaffte ich es dann doch noch, diesen zu bewältigen und auch den Rest des Spiels zu Ende zu bringen. Ein Kultklassiker mit viel Spaßpotential – für frustresistente Zocker.